Klaus Schmidt

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Klaus Schmidt (Archäologe)

**Klaus Schmidt** (* 11. Dezember 1953 in Feuchtwangen, Mittelfranken; † 20. Juli 2014 in Berlin) war ein deutscher Prähistoriker und Archäologe. Er wurde weltweit bekannt als Leiter der Ausgrabungen am Göbekli Tepe in der Südosttürkei (ca. 9600–8000 v. Chr.), einer der ältesten bekannten monumentalen Tempelanlagen der Menschheitsgeschichte. Schmidt gilt als einer der maßgeblichen Forscher, die das Verständnis der neolithischen Revolution und des Übergangs von Jäger- und Sammlergesellschaften zur sesshaften Lebensweise nachhaltig verändert haben.

Leben und Ausbildung

Klaus Schmidt wuchs in Feuchtwangen auf und studierte Vor- und Frühgeschichte, Klassische Archäologie sowie Geologie an den Universitäten Erlangen-Nürnberg und Heidelberg. 1983 promovierte er in Heidelberg mit einer Arbeit über die jungpaläolithischen und mesolithischen Fundplätze im fränkischen Raum. Anschließend war er wissenschaftlicher Mitarbeiter am Institut für Ur- und Frühgeschichte der Universität Heidelberg.

Ab 1986 arbeitete er für das Deutsche Archäologische Institut (DAI), zunächst in der Außenstelle Istanbul, später in der Orient-Abteilung in Berlin. 1995 wurde er Referent für Vorderasiatische Archäologie am DAI.

Göbekli Tepe und wissenschaftliche Bedeutung

1994 begann Klaus Schmidt im Rahmen eines DAI-Projekts mit systematischen Surveys im Raum Şanlıurfa. Bereits im ersten Jahr erkannte er die außergewöhnliche Bedeutung des Hügels Göbekli Tepe, dessen T-förmige Kalksteinpfeiler mit Reliefdarstellungen von Tieren und anthropomorphen Figuren erstmals 1963 von einer türkisch-amerikanischen Survey-Expedition bemerkt, aber als byzantinisch fehlgedeutet worden waren.

Von 1995 bis zu seinem Tod 2014 leitete Schmidt die deutsch-türkischen Ausgrabungen in Göbekli Tepe (in Zusammenarbeit mit dem Archäologischen Museum Şanlıurfa und später auch der Universität Istanbul). Seine wichtigsten Erkenntnisse:

- Die Anlage entstand bereits um 9600–9000 v. Chr., also in der frühen Phase des Präkeramischen Neolithikums (PPNA), mehrere tausend Jahre vor den ersten bekannten dauerhaften Siedlungen und vor der Erfindung von Keramik und Landwirtschaft im klassischen Sinne.

- Göbekli Tepe besteht aus mehreren kreisförmigen Anlagen mit bis zu 5,5 m hohen monolithischen Pfeilern, die teilweise über 20 Tonnen wiegen.

- Die Funde legen nahe, dass komplexe rituelle Bauwerke und große soziale Organisation bereits bei Jäger- und Sammler-Gruppen existierten – eine Umkehrung der bis dahin gängigen Theorie, dass erst sesshafte Ackerbauern solche Bauwerke errichten konnten.

Schmidt formulierte die Hypothese, dass der Bau dieser „Tempel“ ein entscheidender Faktor für die Domestizierung von Pflanzen und Tieren gewesen sein könnte: Die Versorgung der am Bau beteiligten großen Menschengruppen habe den Übergang zur Landwirtschaft erst notwendig gemacht („Tempel vor der Stadt“-These).

Weitere Forschungen

Neben Göbekli Tepe leitete Schmidt Ausgrabungen und Surveys an anderen neolithischen Stätten in Südostanatolien, u. a. in Nevalı Çori (1983–1992 zusammen mit Harald Hauptmann), wo bereits ähnliche T-Pfeiler gefunden worden waren. Er war auch an Projekten in Taşlı Tepe, Karahan Tepe und Hamzan Tepe beteiligt, die zum selben Kulturkreis gehören.

Veröffentlichungen (Auswahl)

- „Nevalı Çori“ (1988–1992, verschiedene Berichte)

- „Göbekli Tepe – Der Hügel der Nabel“ (1998 ff., zahlreiche Vorberichte)

- „Sie bauten die ersten Tempel. Das rätselhafte Heiligtum der Steinzeitjäger“ (2006, populärwissenschaftliches Standardwerk, mehrere Auflagen und Übersetzungen)

- „Göbekli Tepe: A Stone Age Sanctuary in South-Eastern Anatolia“ (2012, englische Ausgabe)

Auszeichnungen und Mitgliedschaften

- 2011: Ehrenmitglied der Türkischen Akademie der Wissenschaften

- 2012: Bayerischer Maximiliansorden für Wissenschaft und Kunst (postum vorgeschlagen)

- Korrespondierendes Mitglied des Deutschen Archäologischen Instituts

Tod und Nachwirkung

Klaus Schmidt starb am 20. Juli 2014 überraschend an einem Herzinfarkt während eines Urlaubs in Deutschland. Die Ausgrabungen in Göbekli Tepe werden seit 2014 von seinem langjährigen Mitarbeiter Lee Clare und türkischen Kollegen fortgeführt.

Sein Werk hat die Prähistorische Archäologie grundlegend verändert und Göbekli Tepe zu einem UNESCO-Weltkulturerbe (2018) gemacht. Die von ihm initiierte Forschung wird heute im Rahmen des DFG-Langfristprojekts „Die neolithische Transformation in Südostanatolien“ weitergeführt.

Literatur

- Klaus Schmidt: Sie bauten die ersten Tempel. C.H. Beck, München 2006, ISBN 978-3-406-53500-0

- Klaus Schmidt: Göbekli Tepe: A Stone Age Sanctuary in South-Eastern Anatolia. ex oriente, Berlin 2012, ISBN 978-3-944178-00-4

- Nachrufe u. a. in: Archäologie in Deutschland 5/2014; Antiquity 88, 2014; Mitteilungen der Deutschen Orient-Gesellschaft 146, 2014

Quellen

  • Schmidt, Klaus (2006): *Sie bauten die ersten Tempel. Das rätselhafte Heiligtum der Steinzeitjäger*. C.H. Beck, München, ISBN 978-3-406-53500-0
  • Schmidt, Klaus (2012): *Göbekli Tepe: A Stone Age Sanctuary in South-Eastern Anatolia*. ex oriente, Berlin, ISBN 978-3-944178-00-4
  • Clare, Lee (Hrsg.) (2020): *Klaus Schmidt in memoriam*. Studien zur prähistorischen Archäologie Band 7, ex oriente, Berlin
  • Deutsches Archäologisches Institut – Projektseite Göbekli Tepe: https://www.dainst.org/projekt/-/project/594
  • Offizieller Ausgrabungsblog „Tepe Telegrams“ (DAI): https://www.dainst.blog/the-tepe-telegrams/
  • Nachruf „Zum Tode von Klaus Schmidt“, Archäologie in Deutschland 5/2014, S. 56–57
  • Nachruf „Klaus Schmidt (1953–2014)“, Antiquity Vol. 88, Issue 342, December 2014, S. 1351–1353
  • Nachruf „In memoriam Klaus Schmidt“, Mitteilungen der Deutschen Orient-Gesellschaft 146, 2014, S. 5–12
  • UNESCO-Welterbedokumentation Göbekli Tepe (2018): https://whc.unesco.org/en/list/1572/documents/
  • Mitgliederverzeichnis und Nachruf Deutsches Archäologisches Institut (DAI)
  • Nachruf der Ruprecht-Karls-Universität Heidelberg

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