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Düngung - 3. Vortrag von Manfred Klett, Vortragsreihe 2017
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Düngung - 3. Vortrag von Manfred Klett, Vortragsreihe 2017
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Der landwirtschaftliche Organismus und die Dorfentwicklung 00:00:42
Manfred Klett:
Ich wünsche einen schönen guten Morgen. Ja, wir wollen noch mal ganz kurz zurückschauen, auf das, was wir gestern haben anklingen lassen, nur dass wir den roten Faden wiederfinden. Wir waren ja ausgegangen davon, dass da ein unglaublicher Umschwung stattgefunden hat, von aus den vorchristlichen Zeiten in die nachchristlichen Zeiten hinein. Und dass das erst so richtig deutlich geworden ist nach der Völkerwanderung, die im fünften Jahrhundert etwa über ganz Europa gezogen ist. Also wo sich alle Völker Europas in Bewegung gesetzt haben. Wie das wieder zur Ruhe gekommen war, dann im sechsten Jahrhundert, da fing jetzt plötzlich eine neue Landbaukultur an im Zusammenhang mit den Dorfschaften, mit der Dorfentwicklung.
Ich habe das ja kurz charakterisiert, wie da zwei Ströme zusammengekommen sind, am Beispiel des Bodenseegebietes, die dann in einer Art Synthese – also eigentlich ganz gegensätzlicher Natur waren in gewissem Sinne – und in einer Synthese dann eine ganz neue Ganzheit geschaffen haben: eben die Verbindung, die Bildung des landwirtschaftlichen Organismus in seinem Urbild.
Die Dorfschaften, wie wir sie gestern hier kurz an die Tafel gemalt haben, sind eigentlich das Urbild des Betriebsorganismus mit Mittelpunkt und Umkreis. Und einem stark gegliederten, komponierten Umkreis mit Gartenbau und Obstbau und Weidewirtschaft, Ackerbau, Waldwirtschaft, Gewässerwirtschaft; das alles gehörte zur Landwirtschaft. Das sind die Urelemente der Landwirtschaft und die bilden plötzlich jetzt in jeder Dorfschaft plus/minus eine Einheit, eine Ganzheit. Der Organismusgedanke in der Landwirtschaft war geboren, und das aber erst seit dem 6. Jahrhundert, 7. Jahrhundert besser gesagt.
Und der wurde geboren im Zusammenhang mit den Dorfschaften, den Dorfgemeinschaften in Verbindung dann mit der Dorfgemarkung, die dann durch Marksteine begrenzt war. Daran gliedert sich das nächste Dorf und so das nächste Dorf. Und so war ganz Europa, hatte mehr und mehr sich in diese Urzellen gegliedert. Es gab ja noch keine Städte, es gab Pfalzen, es gab Klöster, aber keine Städte, sondern die eigentliche Kultur erblühte in der bäuerlichen Landwirtschaft in Verbindung mit den Klöstern und vielleicht auch ein bisschen mit dem Adel. Aber das war der eigentliche Quell. Und das möchte ich jetzt nicht im Einzelnen weiterspielen, man könnte die ganze Kunstgeschichte daraus ableiten.
Die Ehe von Ackerbau und Viehzucht 00:04:03
Manfred Klett:
Aus dieser Tatsache, das, was da kulturell sich entwickelt hat innerhalb der menschlichen Gesellschaft in der Folgezeit, ist auch eine Düngung des Sozialen, wie damals die Düngung begründet worden ist gegenüber der Natur. Denn man kann auch den Düngungsbegriff mal so denken, dass alles, was geistig fruchtbar ist in dieser Welt, ist eine Düngung der menschlichen Kultur. Und alles, was sich als Ergebnis, Erträgnis der ganzen vorchristlichen Hochkulturen ergeben hat, wurde zusammengefasst in diesen Dorfschaften und es düngte die Erde. Und das ist insbesondere die Verbindung von Ackerbau und Viehzucht.
Ackerbau und Viehzucht, das ist eigentlich die Synthese dieser beiden; die haben eigentlich die Grundlage geschaffen dann für die weitere Entwicklung der Landwirtschaft. Und das muss ich auch noch mal ganz nur andeutungsweise wenigstens sagen, dass diese Verbindung von Ackerbau und Viehzucht wirklich ein Mysterium ist. Eine unglaubliche historische Tatsache, weil nämlich das Charakteristische der ganzen vorchristlichen Hochkulturen das war, dass eine Polarität bestanden hat zwischen Ackerbau und Viehzucht. Es gab die Hirtenvölker, die da nomadisieren, die über die weiten Gebiete mit ihren Tieren gezogen sind, und da gab es die sesshaften Ackerbauer. Und die haben sich bekriegt, immer, durch alle Zeiten hindurch.
Und das kommt im Alten Testament zum Ausdruck in dem Gegensatz von Kain und Abel. Abel, der Viehhirt, Kain, der Ackerbauer – also der war mehr als das, also auch derjenige, der eigentlich innovativ in die Zukunft gearbeitet hat. Und diese beiden Strömungen beherrschen die ganzen vorchristlichen Kulturen. Und jetzt in der nachchristlichen Zeit – und das ist ein Werk des Christentums letzten Endes – dass diese beiden Gegensätze sich durchdrungen und erhöht haben, quasi zu einer Synthese. Und diese Synthese ist dann auch diese neuere Landbaukultur auf der Grundlage des Organismusprinzips. Da hat sich Ackerbau und Viehzucht...
Mein Lehrchef, dem ich sehr viel verdanke, hier damals auf dem Dottenfelderhof, als ich hier meine Lehre 1956 gemacht habe, der hat damals mir gegenüber gesprochen von der Ehe von Ackerbau und Viehzucht. Das werde ich nie vergessen. Die Ehe von Ackerbau und Viehzucht, die sich vollzogen hat in diesen Frühzeiten, also wo wirklich eine echte Synthese einer Dualität entstanden ist. Und das ist die Grundlage der ganzen abendländischen Kultur geworden.
Umbrüche vom Mittelalter zur Neuzeit 00:06:46
Manfred Klett:
Nun, dann kann ich jetzt leider Gottes mich nicht länger darüber ausbreiten. Wir hatten dann als Nächstes besprochen, im Mittelalter, dieses kunstvolle System der Buckelwiesen. Auch wiederum eine Synthese von durchaus dem Ackerbauer – denn hier haben wir Vieh gehalten – und dann diese intensive Wiesen-Nutzungskraft auf den marginalsten Standorten, die man sich vorstellen kann, in den Buntsandsteingebieten Deutschlands. Und man hat ja geologisch Deutschland schon immer bezeichnet als das Armenhaus Europas, weil die sehr weiten Gebiete, die hier Buntsandstein anstehen, und das ist zu 90 Prozent Kiesel. Also da ist an irgendwelcher basischer Mineralität wie Kalk und Magnesium und dergleichen kaum was drin. Sehr, sehr arme Standorte, Waldstandorte überwiegend, und da hat sich dann diese Kultur der Buckelwiesen entwickelt.
Nur ein weiteres Wort. Dann haben wir einen großen Schritt gemacht über die Neuzeit, gesehen, dass das 15. Jahrhundert ein Umbruch-Jahrhundert ersten Ranges war. Man macht sich das heute überhaupt nicht klar, da muss man sich wirklich ganz intensiv mit Geschichte befassen, und zwar von einem höheren Standort aus, nicht nur von äußeren historischen Tatsachen – die sind uninteressant – sondern man muss sich da hineinfühlen, mal in die ganze Bewusstseinsgeschichte des Überganges vom Mittelalter in die Neuzeit, um zu bemerken, dass das ein unglaublicher Einbruch war. Da war nichts mehr so wie vorher im 15. Jahrhundert. Und ein ungeheurer Aufbruch in die Zukunft, überall Keime gelegt.
Und einen dieser Keime zum Negativen habe ich geschildert am Beispiel der Entdeckung von Madeira und was sie da gemacht haben, die Portugiesen. Alles abgefackelt, also in Asche gelegt, und daraufhin dann Monokultur begründet mit Zuckerrohr in Verbindung mit der Sklavenhaltung. Von dort geht ein Faden, ein roter Faden, und begründet eine Landwirtschaft, die wir heute industrialisierten Landbau nennen, oder konventioneller Landbau, industrialisiert gedacht.
Und andererseits entwickelte sich hier noch in Europa, in Mitteleuropa insbesondere, eine Landwirtschaft, die diesen Urimpuls fortgesetzt hat. Die wollte den retten, die wollte den über die Schwelle zur Neuzeit retten, regelrecht. Die wollten diesen spirituellen Impuls, in dem auch das esoterische Christentum noch drin steckte, die wollten den hinüberretten in die Neuzeit.
Publikum: Wer wollte das?
Manfred Klett:
Die Bauern. Und zwar nur an bestimmten Orten, also ich kann es auch nicht im Einzelnen noch mal sagen. Jedenfalls wollten sie quasi das bewahren, dieses System, und weiterentwickeln in die moderne Zeit hinein. Und dem standen Kirche und Adel gegenüber, und die haben es dann letzten Endes vernichtet. In den Bauernkriegen, da wurde ja alles kurz und klein gemacht. Dann kam die große Gegenreformation gegen den Protestantismus im 16. Jahrhundert, und dann kam der Dreißigjährige Krieg, das haben wir alles kurz mal erwähnt. Der Dreißigjährige Krieg hat Mitteleuropa plattgemacht, aber wirklich plattgemacht. Und die Bevölkerung auf gewissen Gegenden bis auf die Hälfte reduziert. Furchtbare Ereignisse waren das.
Aufklärung und die Anfänge der Landwirtschaftswissenschaft 00:10:51
Manfred Klett:
Und dann kam das 18. Jahrhundert, Hungersnöte über Hungersnöte über Hungersnöte. Und dann kam durch die Aufklärung herauf ein neues Bewusstsein, das sogenannte Zeitalter der Aufklärung in der ersten Hälfte des 18. Jahrhunderts. Und da taucht dann plötzlich so eine Gestalt auf, wie dieser Schubart, Edler von Kleefeld, der durch Wanderungen und Reisen durch Europa gesucht hat: Wie kommt es, dass es Gegenden gibt in Europa, wo die Landwirtschaft blüht? Und sie blühte in Flandern, sie blühte in der Normandie, in Wallonien, drüben in Kent, England, Südengland. Da blühte die Landwirtschaft. Die waren nicht so sehr von dem Dreißigjährigen Krieg betroffen und konnten mit einer gewissen Kontinuität die Landwirtschaft weiterentwickeln.
Und da haben sich die Menschen immer gewundert. Es war wie ein Weltreisen, die die modernen Menschen damals gemacht haben, um mal zu gucken, was machen die da eigentlich in den Flandern, dass es so gut funktioniert? Und daraus ist entstanden ein neues Bewusstsein auch in der Landwirtschaft. Zart, zart, zart. Und die Einführung des Kleeanbaus, so schwierig es war, ist dann doch gelungen, die Brache zu besömmern. Das habe ich ja dann versucht darzustellen, und da auch den Hackfruchtbau dann mehr und mehr einzuführen. Sodass ein gewisser Wohlstand in der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts eingetreten ist, in der Goethe-Zeit.
Und dann kam das 19. Jahrhundert und dann merkt man, dass die Landwirtschaft überhaupt nicht Schritt halten kann mit der äußeren Entwicklung. Nach wie vor wandern die Menschen aus der Landwirtschaft ab. In Wellen, in Wellen, in Wellen. In die Industrie, in die Städte. Die Städte blühen auf. Immer größer, immer größer, und die Landwirtschaft verarmt. Immer mehr, mehr, mehr. Und alle Traditionen schwinden so langsam.
Die Not war ja dann in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts so maßlos, dass Friedrich Wilhelm Raiffeisen auftrat. Der Bürgermeister da oben, da im Bergischen Land. Und der hat dann erkannt, man kann die Not der Bauern nur lindern, wenn sie sich zusammenschließen, auch auf finanziellem Gebiet, und jetzt versuchen, nicht mehr alleine jeder irgendwo einem Wucherer die Ernte in die Hand zu geben, sondern dass sie gemeinsam agieren. Einer für alle, alle für einen. Das ist die große Devise von Friedrich Wilhelm Raiffeisen gewesen. Und der war der erste Begründer der landwirtschaftlichen Genossenschaften. Diese landwirtschaftlichen Genossenschaften, die haben eigentlich dann wiederum – das war wie ein Heilmittel gewesen für die Bauern. Und die haben ja dann auch die ersten Banken, die Genossenschaftsbanken begründet. Und in Wien ist alles so. Die zweite Hälfte des 19. Jahrhunderts.
Aber ich möchte noch mal zurückgreifen an den Beginn des 19. Jahrhunderts. Da habe ich gesagt, dass dort fast alle landwirtschaftlichen Akademien binnen 20 Jahren entstanden sind. Bonn, Kiel, Berlin, Hohenheim, Weihenstephan, die sind alle damals entstanden. Und das waren alles Menschen, die sie begründet haben, die gar keine Landwirte waren. Zum Beispiel die Landwirtschaftliche Akademie in Berlin, die hat Albrecht Thaer begründet, der war Arzt. Aber er hat später auch ein Gut gepachtet und selber bewirtschaftet. Also er hatte dann auch natürlich Kenntnisse. Aber zunächst einmal waren das moderne Menschen, die einfach aus dieser Modernität ihres Bewusstseins, ihres Erwachtseins zum modernen Menschentum, als Individualisten, die haben beobachtet und haben geguckt und gesehen: So könnt ihr nicht weitermachen in der Landwirtschaft. Die Situation der Bauern wurde immer miserabler.
Und so hat sich die Wissenschaft langsam – die Landwirtschaftswissenschaft ist noch sehr jung, ab Anfang des 19. Jahrhunderts – aus der Praxis heraus haben wir sozusagen angefangen, Experimente zu machen und Fragen aufzugreifen. Von der chemischen Seite insbesondere her. Und so war einerseits der Wöhler, der sich stark mit dem Stickstoff befasst hat, andererseits der Liebig.
Die Suche nach der alten Kraft des Bodens 00:15:35
Manfred Klett:
Jetzt muss ich aber noch was dazwischen schieben. Ich sagte ja gestern, die Grundfrage am Beginn des 19. Jahrhunderts ist: Was ist die alte Kraft der Böden? Und dann kam man zur Erkenntnis, das kann eigentlich nur der Humus sein. Und dann hat man sich mit dem Humus befasst, wissenschaftlich, hat festgestellt, da ist auch Stickstoff drin. Und man hat so langsam erkannt, dass der Stickstoff wirklich eine treibende Substanz ist für das Pflanzenwachstum.
Und um dieser Frage nach der alten Kraft nachzugehen, hat man damals in England ein Experiment angelegt, einen Dauerdüngungsversuch. Und ich kann hier jetzt schon sagen: Irgendwelche Erkenntnisse im Bezug auf die Düngung zu gewinnen, kann man nie von einem Jahr aufs andere. Und auch nicht in 5 und nicht in 10 Jahren. Denn das ist ein Langzeitprozess. Das ist ein über Jahrzehnte gehender Prozess. Den Humusgehalt zum Beispiel der Böden abzusenken, das gelingt in wenigen Jahren. Aber ihn wieder zu erhöhen, das ist ein Prozess von 20, 30 Jahren. Mindestens.
Und man versuchte also irgendwie dem nachzugehen, und dann haben sie diesen Dauerdüngungsversuch in Rothamsted angelegt, in Kent, Südengland. Und der war sehr breit angelegt. Das war im Jahr 1843 schon. Nee, nicht später. Das war schon später, so um 15, 20 herum. Und mit dem Ziel herauszukriegen, was mit dieser alten Kraft des Bodens eigentlich los ist. Und dann haben sie in Großparzellen – das war sehr groß angelegt – haben sie dann eine Parzelle noch eine Weile mit Stallmist gedüngt. Und dann haben sie mit der Düngung ausgesetzt. In dieser Parzelle. Und haben das einfach ungedüngt gelassen. Und das dann über Jahrzehnte verfolgt. Über Jahrzehnte. Das ging das ganze 19. Jahrhundert hindurch, dieser Versuch.
Und dann haben sie festgestellt, dass nach 50 Jahren konnte man noch die Nachwirkungen der ehemaligen Stallmistdüngung konstatieren. Noch nach 50 Jahren. Und damit wurde deutlich – und übrigens, dieser Versuch wurde in veränderter Gestalt auch in Bonn-Poppelsdorf nach dem Ersten Weltkrieg angelegt, als Langzeit-Düngungsversuch, mit denselben Ergebnissen bis zum Zweiten Weltkrieg. Und ich habe noch den Versuchsansteller kennengelernt, der damals das gemacht hat. Und dem sind die Tränen runtergelaufen, dass man durch den Zweiten Weltkrieg diesen wunderbaren Versuch hat nicht weiterführen können. Kein Geld mehr da. Aber die damaligen Ergebnisse von nach dem Ersten Weltkrieg bis zum Zweiten Weltkrieg waren, sprachen schon auch für diese Tatsache: Der Stallmist ist derjenige, der Dauerfruchtbarkeit des Bodens verursacht. Der tierische Dünger ist es.
Liebigs Minimum-Theorie und der Erfolg von Schulz-Lupitz 00:19:03
Manfred Klett:
Nun, das war dieser Versuch von Rothamsted, den ich jetzt nur noch ergänzend erwähnen möchte, und komme jetzt noch mal auf Liebig zurück. Und dieser Liebig war ein ganz genialer Mann, gar sogar ohne Frage. Und konnte sich auch sehr gut öffentlich verkaufen. Er hat sehr viel geschrieben und veröffentlicht und hat eine wunderbare Feder geführt. Und der hat dann eben seinen Liebig-Dünger entwickelt, und der bestand aus Kalium und Phosphorsäure. Weil das die Kernnährstoffe sind, die normalerweise im Boden einfach fehlen. Es fehlt natürlich auch anderes; auf Sandböden fehlt Magnesium, und auf anderen Böden fehlt also auch Phosphorsäure, auch auf den Sandböden. Jedenfalls hat er gesagt, das sind die beiden Stoffe, die im Minimum sind.
Und daraufhin hat er seine Minimum-Theorie begründet. Und die hat er dann dargestellt in dem berühmten Fass. Das kennen Sie ja alle. Wenn Sie so ein Fass haben, dann besteht es aus lauter Dauben. Und dann kann man das Fass voll mit Wasser füllen, und irgendwann läuft es über. Aber wenn jetzt diese Dauben hier, die eine schon nur so lang ist, und die andere nur so lang, gehen bis oben raus oder vielleicht noch länger, und man füllt dann da Wasser rein, dann füllt sich das Fass nur bis zu der Daube, die am niedrigsten ist. Das war der Vergleich mit dem Boden. Der Nährstoff, wie man sagte, der am wenigsten vorhanden ist, die niedrigste Daube, die begrenzt die Ertragsbildung in der Landwirtschaft.
Das war also seine Theorie, und die war natürlich außerordentlich logisch und klar und deutlich und überhaupt. Das war natürlich einsichtlich für jeden, glasklar gedacht. Und aufgrund dieser Tatsache hat er erkannt: Kalium und Phosphorsäure sind hier ziemlich unten. Auf den verschiedenen Standorten. Allemal muss ich einen Mineraldünger schaffen, der sich wesentlich aus Kalium und Phosphorsäure zusammensetzt. Dann hat er den eingeführt, es wurde auch angewendet, er hat Experimente gemacht und es kam nichts raus. Es kam nichts raus.
Und der Liebig hat ja gesagt, Stickstoff brauchen wir nicht. Das war die Natur, dafür soll die Natur sorgen. Und die anderen haben natürlich dagegen gekämpft. Gegen den Liebig haben sie gesagt: Nein, der Stickstoff ist das allererste und wichtigste. Alles andere ist nebensächlich. Und da ging ein richtiges Gerangel los im 19. Jahrhundert unter den Wissenschaftlern. Und eine richtige Feindschaft auch gegen Liebig, weil er darauf gestanden hat, dass das so ist. Und die Bauern haben auch nichts gemerkt. Da ist er richtig gescheitert, der Liebig.
Und es gab ganz wenige Menschen, die an Liebig geglaubt haben. Irgendwo stimmt das. Wir müssen nur richtig mit Leguminosen umgehen und dann werden wir das schon irgendwie hinkriegen. Und da gab es einen Landwirt, der hieß Schulz-Lupitz. Da oben bei euch. Celle. Der hat einen Betrieb gehabt, der bestand nur aus Flugsand. Das Ärmste vom Ärmsten. Aber wirklich, das war eine Schaf-Hutung. Und jetzt hat er dort angefangen zu wirtschaften. Er war glaube ich ursprünglich Apotheker. Er kam auch nicht aus der Landwirtschaft. Und der hat dem Liebig vertraut.
Und gegen alle Anfeindungen – also noch und noch, der wurde angefeindet, seine ganze Existenz war infrage gestellt, auch durch die Mindererträge, über Jahre und Jahre und Jahre – hat er festgehalten: Er hat mit Kaliumphosphat auf seinen Boden gedüngt. Und hat interessanterweise mit Schafschwingel gearbeitet. Das ist ein sehr tiefwurzelndes Gras. Schafschwingel. Eigentlich gerade eben auf den sehr extensiven Schafweiden findet man den eben. Und hat dann noch mit Leguminosen gearbeitet. Lupinen.
Und der hat alles durchlitten, was man durchleiden konnte. 20 Jahre. Und nachher hat er einen Ehrendoktor gekriegt von der Universität. Weil das Ergebnis war, dass sein Bodenprofil, wo der Humusgehalt hier oben gerade mal so eine dünne Humusschicht auf den Sandböden war, hat sich bis auf 40 Zentimeter und tiefer entwickelt. In 20 Jahren. Und er hat nachher Erträge erzielt wie ein konventioneller Landwirt auf dem Lehmboden.
Publikum: Aber mit was hat er denn jetzt genau gedüngt?
Manfred Klett:
Der hat es gedüngt... Natürlich hat er Schafe. Hatte Rinder, aber gar nicht so toll. Und hat einfach durch tiefwurzelnden Schafschwingel... Der macht ein unglaubliches Wurzelsystem.
Publikum: Aber Mist hat er auch ausgebracht?
Manfred Klett:
Der hat natürlich Dünger gehabt. Aber das war es nicht allein. Sondern es war tatsächlich so, dass er versucht hat, nur solche Pflanzen anzubauen. Lupine geht ja auch runter mit der Pfahlwurzel. Und dann dieser Schafschwingel. Und das hat er so systematisch entwickelt, dass er nach 20 Jahren plötzlich ein solches Profil mit Humus hatte.
Es gibt also eine Schrift, die zu Hause kommt – also von der SÖL. Die kann man sich da wohl fein besorgen. "Schulz-Lupitz". Von Asmus Petersen heißt der, der das noch mal veröffentlicht hat. Das ist die SÖL-Sonderausgabe Nummer 38. Stiftung Ökologie & Landbau. SÖL-Sonderausgabe Nummer 38. Schulz-Lupitz von Asmus Petersen. Und es ist einfach interessant, wie ein Mensch, der gestanden hat zu dem, was er glaubte eingesehen zu haben aufgrund der Liebig'schen Untersuchungen und Gedankengänge, dazu gestanden ist und alles durchlitten hat in der Praxis über Jahre und Jahre. Also Rückschläge noch und noch, und sich hat nicht beirren lassen. Und am Ende hat er den Sieg davongetragen. Hat die Wissenschaft überzeugt. Nicht die Wissenschaft war es, sondern wirklich der Praktiker, der jetzt wirklich zu einem bestimmten Gedankengang gestanden hat und den treu durchgeführt hat. Selbstbeobachter, also ein sehr guter Naturbeobachter. Und hat das alles auch dokumentiert, sodass er damit Erfolg hatte. Nun also, Schulz-Lupitz.
Publikum: Hat der Schulz-Lupitz jetzt die Kali- und Phosphor-Düngung vom Liebig angewandt?
Manfred Klett:
Ja, eben.
Publikum: Also er strikte den Stickstoff abgelehnt.
Manfred Klett:
Zuerst hat er glaube ich noch ein bisschen was verwendet, aber dann nicht mehr.
Publikum: Das verstehe ich jetzt nicht so ganz, wie den Stickstoff abgelehnt. Wenn er Mist gedüngt hat, dann düngt er doch Stickstoff.
Manfred Klett:
Den Zukaufstickstoff hat er abgelehnt. Den Wirtschaftsdünger hat er verwendet.
Publikum: Aber Kalium und Phosphor hat er zugekauft, oder was?
Manfred Klett:
Nur Kalium und Phosphor. Also Kainit und weiche Erdphosphate. Das waren die Dünger, die damals eingesetzt wurden. Nun, das ist nur ein Beispiel. Es gab natürlich wenige andere Menschen, die auch Ähnliches dann unternommen haben. Aber das war sozusagen ein Bauer, der den ökologischen Landbau quasi wie aus der Taufe gehoben hat.
Die Entdeckung der Stickstoffbindung und das Haber-Bosch-Verfahren 00:28:01
Manfred Klett:
Aber dann war ja nach wie vor im 19. Jahrhundert die Stickstofffrage die brennende Frage schlechthin. Und die kam wesentlich von der Wissenschaft. Nicht zu sehr aus der Praxis. Die Wissenschaftler haben gesagt, aufgrund ihrer analytischen Denkweise: Der einzige Triebfaktor, was Pflanzenwachstum erzeugt, ist der Stickstoff. Phosphor und Kalium sind schön und gut, das sind so Anhängsel hinten dran. Aber das Eigentliche ist eigentlich der Stickstoff. Das waren die Liebig-Gegner. Die haben sich formiert. Die waren also wirklich sehr massiv im 19. Jahrhundert.
Und dann kam plötzlich einer, der hieß Hellriegel. Das war um das Jahr, in den 90er Jahren, 1886 hat er veröffentlicht, eine Schrift über seine Untersuchungen, woher eigentlich die Leguminosen in der Lage sind, Stickstoff zu finden. Woher kommt der Stickstoffreichtum der Leguminosen? Der hat die richtige Frage gestellt. Er hat Rhizobien entdeckt. Rhizobien sind Bakterien, die in Symbiose mit den verschiedenen Leguminosen-Arten stehen.
Jede Leguminosen-Art hatte ihre eigenen Bakterien-Stämme, ihre eigenen Rhizobien. Das hat er alles ausklamüsert, experimentell. Das war so ein durchschlagendes Ereignis gewesen in den 80er Jahren, dass endlich klar geworden ist: Ja, der Klee ist in der Lage, durch biologische Assimilation, Bindung, Stickstoff aus der Luft zu binden, über diese Rhizobien. Das war eine Entdeckung, die viele Gegensätze besänftigt hat. Man hat ja schon angefangen, wieder ein bisschen miteinander zu reden.
Aber trotzdem, da war erst recht die Frage: Ja, schön und gut, die Leguminosen, die machen das so ein bisschen da unten mit ihren Wurzeln und Knöllchen. In den Knöllchen eine Symbiose, eine endogene Symbiose mit Bakterien. Aber wie können wir nicht doch irgendwo sehen, dass wir dem Stickstoff direkt den Boden zuführen? Das war die Frage der Liebig-Gegner. Wir müssen doch Wege finden, den Stickstoff direkt aus der Luft... Die Luft, die wir atmen, ist zu 79 % Stickstoff. Wir atmen im Wesentlichen Stickstoff. Und gerade mal 21 oder 20,8 % Sauerstoff. Da ist ein unendliches Reservoir in der Luft. Und wie kriegen wir diesen Luftstickstoff da unten in den Boden rein?
Und die Liebig-Leute, die haben alle gesagt, das muss auf biologischem Wege geschehen. Da muss die Natur selber dafür sorgen. Die anderen haben gesagt, wir müssen Verfahren entwickeln, wie wir den Stickstoff technisch in eine Verbindung bringen können, wo der Stickstoff einigermaßen stabil ist im Boden. Da hat man natürlich schon Experimente gemacht in den 70er Jahren, 80er Jahren, 90er Jahren. Und in den 90er Jahren war das Verfahren der Stickstoffbindung aus der Luft, das sogenannte Birkeland-Eide-Verfahren, fertig. Einsetzbar. Birkeland-Eide-Verfahren.
In Norwegen hat man das eingesetzt. Man hat auch in Deutschland schon seit den 70er Jahren damit experimentiert. Aber in Norwegen hatte es sehr billige elektrische Energie durch die großen Wasserkraftwerke, die da schon gebaut worden waren. Und dieses Birkeland-Eide-Verfahren, da hat man versucht, im elektrischen Lichtbogen Blitze künstlich zu erzeugen. Und in diesen Blitz, diese Blitzschläge, die da hin und her gegangen sind, hat man einen Luftstrom durchgeführt. Und durch diese Blitzentladungen reagiert der Sauerstoff der Luft beziehungsweise der Stickstoff der Luft, der ja sehr träge ist – N2 ist, das ist ja ein N2, der Stickstoff in der Luft verbindet sich mit sich selbst und ist deswegen maßlos träge, der will überhaupt nicht aus der Luft raus.
Und jetzt versucht man also diesen trägen Stickstoff durch diese Blitzentladungen so anzuregen, dass er eine Verbindung eingeht mit dem Sauerstoff. In diesem Fall unter Bildung von NO3. Nitrat. Der Sauerstoff ist auch in der Luft sehr träge, auch mit sich selbst verbunden, und infolgedessen war also die Hoffnung, man könnte auf diesem Wege die Landwirtschaft der Zukunft retten. Und das Verfahren war abgeguckt in der Tatsache, dass der Blitz das tatsächlich macht. Also wo es blitzt, entsteht Nitratstickstoff in der Luft. Deswegen haben wir einen natürlichen Eintrag von Nitrat über den Regen. Und diese Menge, die rein naturhaft in unserer Gegend so ungefähr im Schnitt des Jahres in die Böden kommt, liegt bei ungefähr 7 kg N pro Hektar. Rein N.
Und heute sind es natürlich wesentlich mehr. 40 bis zum Teil 60 kg N pro Hektar. Also das ist wahnsinnig, was heute über die Luft, über den Regen auf unsere Böden runterrieselt wird. Wir düngen unsere biologisch-dynamischen Betriebe über die Luft quasi mit Nitrat. Und nicht zuletzt durch die Landwirtschaft selbst. Denn die hohen Stickstoffmengen, die heute gedüngt werden in der Landwirtschaft, da werden ungefähr 25 % wieder entbunden durch Denitrifikation und entweichen in die Luft als Lachgas. N2O. Schwups, weg ist es. Es ist ein Gas, was ungefähr 25 Mal wirksamer ist für die Luftverschmutzung bzw. für die Auflösung der Ozonosphäre als das CO2. Also es ist viel gravierender und da redet kein Mensch drüber. Das ist ein Tabu.
Publikum: Meinen Sie jetzt, dass das Ozon noch davon größer wird oder dass das ein Treibhausgas ist, was Wärme bindet? Sie haben jetzt gerade gesagt, das ist schlimmer als CO2 für die Atmosphäre. CO2 ist als Treibhausgas mäßig schlimm, weil es Wärme bindet und Ozon... Wie war das? Radikale Verbindungen machen ja das Ozon noch größer.
Manfred Klett:
Also es wirkt ähnlich wie CO2, nur ungefähr 25 bis 27 Mal stärker.
Publikum: Und das, was jetzt durch den Regen herunterkommt, das ist das Lachgas, was aus der Luft mit dem Regen herunterkommt?
Manfred Klett:
Das Lachgas entweicht.
Publikum: Durch den ist Denitrifikation. Durch den kommt der Stickstoff mit dem Regen herunter als Nitrat.
Manfred Klett:
Das heißt, diese 40 bis 60 Kilo, die gehen eben in die Atmosphäre und kommen dann heute tatsächlich in Form von Nitrat und wahrscheinlich auch Ammoniumverbindungen – da bin ich mir nicht ganz sicher – kommen die mit dem Regenwasser auf unsere Äcker. Aber das hängt davon ab, in welcher Gegend man ist. Also hier im Frankfurter Raum zum Beispiel durch die Westwinde wird natürlich die ganze Industrielast von hier, vom Ballungsraum Frankfurt abgekippt. Und so gibt es also verschiedene Zonen, wo eine Stickstoffbelastung aus der Luft auf dem Wege des Niederschlags eben dann ganz enorm ist.
Publikum: Also die Stickoxide dann, die bei einer unvollständigen Verbrennung entstehen, aus denen geht das hervor?
Manfred Klett:
Ja, die Stickoxide entweichen entweder eben durch Verbrennung oder aber durch Denitrifikation. Also es gibt Nitrifikanten im Boden, das sind Bakterien, die bauen aus Ammonium Nitrat auf. Und es gibt solche, die das Umgekehrte machen, die denitrifizierend sind, die aus Ammonium Nitrat herstellen, aus Ammoniak oder Ammoniumionen usw. Und dadurch haben wir also eine starke Belastung der Atmosphäre und das kommt eben im Regen auf unsere Äcker.
Das war das Birkeland-Eide-Verfahren. Der Versuch also etwas zu machen, was man sagt, dass das eigentlich letzten Endes die großen Natriumsalpeter-Lagerstätten in Chile letztlich verursacht hat. Blitzentladungen in einer Gegend, wo es so gut wie nie regnet, sondern nur Nebelschwaden ins Land reinziehen und da klimatische Verhältnisse entstehen, die diese anständigen Blitzentladungen verursachen. Und auch das hat man zurückgeführt, diese Lagerstätten da in Chile, die sind ja einzigartig in der Welt. Das gibt es ja sonst nirgendwo. Nun, das hat man versucht nachzumachen mit diesem Verfahren. Das ist einem zu teuer geworden, das hat man dann nicht weiter verfolgt, hat sich nicht ausgezahlt.
Aber man braucht dann natürlich den Stickstoff vor allen Dingen... Na ja, gut, die Landwirtschaft war relativ uninteressant, letzten Endes braucht man das für das Pulver. Man wollte ja Kriege führen. Und wie soll man denn Kriege führen, wenn man keinen Stickstoff, kein Pulver hat? Und in Pulver steckt das eigentliche Agens, was explosiv ist, ist der Stickstoff. Und also um Kriege zu führen, muss man was machen.
Und dann kam dann, das brach das 20. Jahrhundert an. Und da tauchen nun zwei Menschen auf, der eine hieß Bosch und der andere hieß Haber. Und der Haber war ein Chemiker, begnadeter Chemiker, und der andere war ein Ingenieur. Und die haben sich bei der BASF hier in Ludwigshafen am Rhein zusammengefunden und haben gesagt, wir knobeln das aus. Und unsere Grundfrage ist, wie können wir das N plus 3H zu NH3 machen? Wie können wir Stickstoff plus Wasserstoff so zusammenführen, dass Ammoniak entsteht? Das war die Grundformel, das war der Ausgangspunkt, rein theoretische Überlegung. Und jetzt musste man ein technisches Verfahren herstellen, das das ermöglicht.
Und dieses technische Verfahren ist unendlich kompliziert. Bis das technisch reif wurde, hat es elf Jahre gedauert, von 1903 bis 1913/14. Und dann haben sie experimentiert und schließlich sind sie dazu gekommen, dass es dann gelingt, wenn ich einen großen Druckbehälter schaffe, in dem ich auch Kohle reinpacke, also zur Erhitzung, einen großen Druckbehälter, der 200 Atmosphären aushält. 200 Atmosphären, das ist ein unglaublicher Druck. Und jetzt muss ich in diesem Druckbehälter eine Hitze erzeugen von ungefähr 500 bis 600 Grad Celsius. Und jetzt muss ich da oben hinein in die offene Kammer einen Luftstrom führen. Der ganze Kessel ist außerdem noch mit dem Katalysator ausgekleidet, nämlich mit reinem Eisen. Damals war es reines Eisen, heute hat man auch schon andere Substanzen gewonnen, die katalysatorisch wirken. Das heißt, den Prozess überhaupt erst in Gang bringen. Ein Luftstrom wird da oben in diese heiße, unter Hochdruck stehende Kammer durchgeführt. Und dann werden die Gase, die da entstehen, wieder abgeführt und dann durch ein Wasserbecken durchgeführt, sodass sich darin jetzt diese Gase lösen in dem Wasser. Und das ist Ammoniak. Und dieses Ammoniak kann man dann verwandeln in Ammonium-Ionen oder jede andere Stickstoffverbindung. Das ist die sogenannte Ammoniak-Synthese von Haber-Bosch.
Publikum: 1913.
Manfred Klett:
1913 war die fertig und 1903 haben sie damit begonnen. Es hat sehr lange gedauert, bis das wirklich... Damals war natürlich die Industriespionage noch nicht so weit entwickelt und auch die sonstigen Informationsquellen waren nicht so und es wurde auch ziemlich geheim gehalten im Übrigen.
Stickstoff als Kriegswaffe im Ersten Weltkrieg 00:42:50
Publikum: War das auch entscheidend für den Krieg? Also hatte eine Anwendung des Prozesses auch in den Waffenproduktionen oder so was?
Manfred Klett:
Ich sagte ja schon, der Stickstoff hat ein mehr Interesse hier für den Krieg als für die Landwirtschaft. Also wie kann ich damit meine Kanonen füttern? Und das war dann auch so. Das war 1913, war das großtechnisch jetzt machbar. Die haben Ammoniak-Herstellung als Grundsubstanz für die Herstellung von Explosivstoffen und dann brach der Erste Weltkrieg aus. 1914 im August. Und da waren jetzt die Westmächte, Frankreich und England, Verbündete, die da gegen die Mittelmächte gekämpft haben, überzeugt, dass der Krieg nach 3-4 Monaten aus ist. Weil die Deutschen keinen Stickstoff mehr haben.
Und die haben nämlich dann gleich zu Beginn des Ersten Weltkrieges – das muss man heute mal alles, man muss das ein bisschen wissen, damit man weiß, welche Macht hinter der Stickstoffherstellung eigentlich steht, welche Mächte, welche Interessen damit auch verbunden sind, bis zum heutigen Tag. Man hat dann, die Engländer haben dann die sogenannte Atlantik-Sperre gemacht. Von Buenos Aires nach den Falkland-Inseln haben dort Kriegsschiffe stationiert. Und wenn die deutschen Schiffe von Chile herumkamen, um Südamerika und nach Europa wollten, haben sie die dort abgeknallt bzw. aufgehalten. Und da haben die gemeint, durch die Atlantik-Sperre wäre der Krieg nach kurzer Zeit aus. Nichtsahnend, dass inzwischen die Mittelmächte in der Lage waren, ihren eigenen Stickstoff herzustellen.
Und dann haben die sich natürlich gewundert, dass es immer weiter geht, die haben immer noch können dann mit ihrer Artillerie uferlos schießen und das hat ja dann wirklich zu dem Krieg geführt, der er geworden ist. Also man kann sich heute noch nicht ausmalen, was der Erste Weltkrieg eigentlich – der ja wirklich ein Weltkrieg wurde, es war ja nicht nur auf England, Deutschland, Frankreich und Russland letzten Endes bezogen, sondern das war ein Brandherd über die ganze Erde letzten Endes in seinen Konsequenzen. Dass jetzt hier die aufeinander geschossen haben, vier Jahre lang geballert haben nach Strich und Faden.
Wenn Sie mal nach Verdun kommen in Frankreich, wo die Schlacht um Verdun 1916, da gibt es das Fort Douaumont, das wurde mal von den Deutschen eingenommen, mal von den Franzosen. Da ist der Boden 15 Meter tief durchgepflügt durch Granaten. 15 Meter. Da ist die ganze Umgebung durchgepflügt worden von Granaten. Das war ein Artilleriekrieg, der Erste Weltkrieg. Die Bomben spielen schon eine Rolle, aber Artillerie, das war sozusagen die Waffe, mit der man versucht hat diesen Krieg zu führen, aufgrund der Möglichkeit der Selbstversorgung mit Stickstoff. Und erst durch Spionage und dann im Verlauf des Ersten Weltkriegs haben sie das dann auch spitzgekriegt und haben dann auch angefangen, Stickstoff aus der Luft zu binden.
Aber das war es. Und das wurde immer schlimmer gegen Ende, immer schlimmer. Weil die ganze Ausbildung der Soldaten war ja gar nicht ausgerichtet auf diesen Wahnsinn, dass die ganze Luft so zittert war nur noch von explodierenden Granaten. In Stahlgewittern. Das ist ja von Ernst Jünger, "In Stahlgewittern". Also der Erste Weltkrieg ging zu Ende durch eine Revolution in Deutschland. Die Soldaten haben dann plötzlich gestreikt und so weiter und da kam der Erste Weltkrieg zu Ende. Ein klägliches Ende, aber glücklicherweise hat es stattgefunden.
Das Stickstoff-Syndikat und der Weg in die Landwirtschaft 00:47:32
Manfred Klett:
Und da war die Frage nach dem Ersten Weltkrieg: Wohin jetzt mit dem Stickstoff? Wir können jetzt uferlos Stickstoff erzeugen. Das war das Geschäft schlechthin. Da gab es Kriegsverdiener noch und noch, insbesondere die BASF ist dadurch groß geworden. Und jetzt: Wohin mit dem Stickstoff? Und dann hat sich schon, ich weiß nicht wann genau, ob das 1919 oder 1920 war, hat sich das Europäische Stickstoff-Syndikat begründet. Da haben die Feindesmächte wie Sie hier an einen Tisch gesetzt und haben sich gemeinsam überlegt: Was machen wir jetzt mit unserem Stickstoff?
Und dann haben sie die Landwirtschaft, also den neuen Markt entdeckt. Und haben mit einem millionenfachen Aufwand an Geld haben sie Reklame gemacht, haben wissenschaftliche Untersuchungen eingeleitet, von der Industrie finanziert an den Hochschulen. Und insbesondere haben sie die Versuchsringe begründet bei den Bauern. Um eben, dass jeder Bauer Gelegenheit hatte Felder zur Verfügung zu stellen, um da jetzt Versuche mit Stickstoffdüngung zu machen. Und das ist der Anbeginn eigentlich des industrialisierten Landbaus. Der erste Anfang. Die Entwicklung zwischen den beiden Weltkriegen, vom Ersten und Zweiten Weltkrieg, dass der Stickstoff zum eigentlich treibenden Faktor war, die Landwirtschaft wieder hochzubringen.
Und natürlich war es den Pflanzenernährern an den Hochschulen klar, dass man Stickstoff alleine nicht düngen kann. Sondern wenn man Stickstoff düngt, muss man auch Phosphorsäure düngen. Und wenn man Stickstoff düngt, muss man auch Kalium düngen, ja vielleicht sogar Magnesium düngen, ja vielleicht Spurenelemente düngen. Also allmählich merkte man, es kommt auf die harmonische Düngung an. Also nicht nur an die ganz spezifische Stickstoffdüngung, sondern dass man die so breit wie möglich anlegt. Weil die Stickstoffdüngung als solche zur Konsequenz hat, dass alles andere ins Minimum gerät. Dass plötzlich die anderen Stoffe ins Minimum [geraten], weil keine mikrobielle Aktivität mehr gefordert ist, sondern der Stickstoff hat einfach die Pflanzen wachsen lassen wie eine Hydrokultur.
Der Kampf der biologisch-dynamischen Landwirtschaft im Dritten Reich 00:50:02
Manfred Klett:
Na ja, und da gab es natürlich einen Mordsaufschwung. Und just in diesem Moment fällt der landwirtschaftliche Kurs Rudolf Steiners aus. Und deswegen... Dieser landwirtschaftliche Kurs wurde dann bekannt und die biologische Wirtschaftsweise hat ja binnen kürzester Frist eine ungeheure Ausbreitung erfahren. Über 1000 Betriebe schon Anfang der 30er Jahre in Deutschland. Über 1000 Betriebe. Der ganze Osten wurde umzustellen auf die biologisch-dynamische Wirtschaftsweise. Und da hat sich natürlich die Wissenschaft geballter Front dagegen gestellt. Und zwar von der BASF und all diesen Leuten finanziert, weil sie ihren Markt verschwinden sahen. Sie glaubten also, wenn das so weiter geht mit der biologischen Landwirtschaft, dann können wir unseren Stickstoff abschreiben.
Und das hat dann eben wahnsinnige Auseinandersetzungen geführt, zu einem Stickstoffkrieg zwischen der biologischen Landwirtschaft – das war ja der einzige ökologische Landwirt – und der etablierten Wissenschaft und Industrie. Und der hat sich dann noch mal verstärkt im Dritten Reich. 1935 wurde die biologisch-dynamische Wirtschaftsweise verboten von den Nazis. Und da hat die Industrie gehofft: Jetzt haben wir es geschafft. Die Industrie hat ja sehr stark auch die Nazis finanziert und die waren natürlich interessiert, dass die biologische Wirtschaftsweise verboten wird.
Das Gebot war ausgesprochen und dann haben die sich auf die Hinterbeine gestellt, die biologische Landwirtschaftsweise, und haben verhandelt mit den Nazis. Auf Biegen und Brechen. Und dann haben sie schließlich, weil unter den Nazis gab es Sympathisanten, aber aus einem ganz spezifischen Interesse, und zwar nämlich die SS und vorneweg und am Ende sogar der Himmler... fürchterlich.
Publikum: Warum?
Manfred Klett:
Weil sie geglaubt haben, mithilfe der biologisch-dynamischen Landwirtschaftsweise könnte man das Prinzip der Autarkie, der Nahrungsautarkie sicherstellen. Das hatten die eingebaut in ihre eigene Weltanschauung sozusagen. Das haben die natürlich auch langsam spitzgekriegt. Trotzdem haben die weiter verhandelt und haben einen Versuch 1937 gemacht, der vom Staat finanziert worden ist, von den Nazis kontrolliert, die Wissenschaftler haben da alle mitgewirkt. Einen Vergleichsversuch gemacht, konventionell. Und der fiel zugunsten des konventionellen Landbaus aus. Da haben die biologisch-dynamischen so lange weiter gemacht, dass sie nachgewiesen haben, dass sie den manipuliert hatten. Diese ganzen Versuche, die waren alle durchgängig manipuliert.
Und dann haben die schließlich das dahin gebracht, durch Hartnäckigkeit mit den Nazis weiter zu verhandeln, dass im nächsten Jahr noch einmal ein solcher Vergleichsversuch gemacht worden ist. Und der fiel hochgradig zugunsten des biologisch-dynamischen Landbaus aus. Denn es war ja damals auch eine Zeit, wo man zum Beispiel die sogenannte Lagerung des Getreides durch Stickstoffüberhang noch nicht unter Kontrolle hatte. Es gab auch Mindererträge durch die Stickstoffdüngung, weil das Getreide, die Züchtung noch nicht so weit war. Jetzt diesen Kurzstrohroggen oder Kurzstrohweizen, es gab noch kein CCC, Halmverkürzungsmittel, solche Sachen gab es ja noch nicht. Da lag vielfach die Ecke einfach platt. Oder ein Teil, eine Reihe stand, wo der Stickstoff nicht so richtig angekommen ist, und daneben ein Streifen vom Feld lag platt. Also die sogenannte harmonische Stickstoffdüngung war noch nicht im Griff.
Also das war 1938. Aber trotzdem, dadurch konnten sie noch zunächst mal weitermachen bis 1941. Und 1941 nach dem Flug von Hess nach England – das war im Mai 1941 – schlagartig wurde die Sache dann also niedergeschlagen und die Vertreter der biologisch-dynamischen Wirtschaftsweise kamen zum Teil damals ins KZ. Mussten dann mühsam wieder da gegen 1944, 1945 kamen die wieder raus. Aber damit war sozusagen die Sache endgültig zu Ende.
Publikum: Das ist ja jetzt aber auch schwierig, Biodynamik zu verbieten, gerade in so einer Zeit, wo vielleicht nicht jeder Landwirt sich leisten konnte überhaupt diese Dünger und den Stickstoff auch zuzukaufen. Also hätte man natürlich die Leute, die sich dagegen aufgebäumt haben, dass die dann vielleicht im KZ gelandet sind. Aber wenn man stillschweigend einfach weitergemacht hat?
Manfred Klett:
Einzelne haben das gemacht, ganz wenige.
Publikum: Oder gab es so etwas wie Vorlagen, dass man gezwungen wurde quasi den Stickstoff auch auf seinen Feldern auszubringen?
Manfred Klett:
Meines Wissens nicht. Da weiß ich nichts davon, dass da ein Zwang ausgeübt worden wäre, Stickstoff anzuwenden. Aber man hat einfach die Wirtschaftsweise als solche verboten und damit standen die Bauern da. Aber es gab natürlich biologisch-dynamische Betriebe, die weitergemacht haben unter dem Druck der Nazis. Zum Beispiel Marienhöhe bei Berlin. Die haben tatsächlich... natürlich haben auch manche Konzessionen gemacht, aber letzten Endes haben doch einzelne biologisch-dynamische Betriebe überlebt, aber wissend, dass es verboten ist.
Die Industrialisierung der Landwirtschaft nach dem Zweiten Weltkrieg 00:56:04
Manfred Klett:
Und dann kam der 2. Weltkrieg und da war natürlich also die Landwirtschaft sowieso am letzten. Und nach diesem 2. Weltkrieg lag auch die biologisch-dynamische Wirtschaftsweise in Deutschland und überhaupt am Boden, völlig am Boden. Und es war ein ganz, ganz mühsamer Anfang. 1946 hat sich ja ein Forschungsring für biologisch-dynamische Wirtschaftsweise begründet als Nachfolgeorganisation und also ein ganz endlos mühsamer Wiederaufbau.
Und nach dem 2. Weltkrieg, das muss ich noch hinzufügen, passierte das, was nach dem 1. Weltkrieg in Deutschland und überhaupt in Europa passiert ist: die Einführung der Stickstoffdüngung. Das passierte in Amerika. Die Landwirtschaft in Amerika wurde erst zu der massiven, industrialisierten, weltbeherrschenden Landwirtschaft dadurch, dass jetzt auch diese ungeheure Stickstoffproduktion während des 2. Weltkriegs, für den europäischen Krieg der Amerikaner hier in Europa und für Korea und was dann folgte, so enorm entwickelt worden ist, dass sie auch jetzt gesagt haben: Jetzt haben wir ja Stickstoff noch und noch, das schmeißen wir in die Landwirtschaft.
Da hat sich der ganze Mittlere Westen Amerikas total verändert in Bezug auf den Landbau. Texas war... da waren die Cowboys mit ihren Herden unterwegs gewesen. Heute findet man keine Cowboys in Texas mehr, so ungefähr, sondern das ist alles umgepflügt worden zu Weizen, zu Soja, zu all dem, was man heute hat, Mais. Und der ganze Mittlere Westen umgepflügt worden, wahnsinnige Staubstürme, Winderosion noch und noch, bis zum heutigen Tag im Übrigen.
Publikum: Also in Amerika wurde erst nach dem 2. Weltkrieg so richtig massiv der Stickstoff eingesetzt?
Manfred Klett:
Und heute ist es ubiquitär in der ganzen Welt. Die ganze globale Landwirtschaft basiert letzten Endes auf der Stickstoffdüngung. Und alles andere sind Akzessorien, Kalium und Phosphor und was da sonst noch ist. Fertigdünger gibt es ja heute, wo alles schon enthalten ist, was man braucht.
Die Macht des Stickstoffs und die Wunschnatur des Menschen 00:58:40
Manfred Klett:
Aber so war der Entwicklungsgang im 19. Jahrhundert. Der Krieg als der Vater, der Vater aller Dinge. Und dass man heute solche Kriege führt und dass Sprengstoff heute in jedermanns Hand sein kann, dafür sorgt die Industrie ständig. Also nicht nur die Waffenindustrie, die Gewehre herstellt oder Kanonen, sondern die Stickstoffindustrie sorgt dafür, dass heute diese Grausamkeiten in der Welt stattfinden können. Und ich bin überzeugt, dass es mal eine Zeit kommen wird, wo diese Dinge wirklich aufgedeckt werden. Dass der Stickstoff die Macht, die Machtsubstanz des 20. Jahrhunderts geworden ist und eben dann auch des 21. Jahrhunderts.
Der Stickstoff, möchte ich mal sagen, ich möchte es mal ins folgende Bild bringen: Wenn Sie ein Gewehr haben – es gibt ja viele Leute, die haben so ein Ding oder eine Pistole – dann hat man ja so eine Patrone. Und da ist was drin. Und die Patrone enthält im Wesentlichen als Agens, als explosive Substanz den Stickstoff. Salpeter oder Ammon. Und jetzt haben Sie so eine Waffe und mit der können Sie sich sowieso vor die Augen halten und dann ist da so ein Zielfernrohr oder Kimme und Korn. Und da zielen Sie und dann machen Sie mit der Hand so, drücken, und dann gibt es einen Schuss. Und dann landet Ihre Intention, die Sie im Kopf hatten, die landet über dieses Instrument des Gewehrs dort, wo die Gewehrkugel ankommt.
Das heißt, ich kann auf Distanz meine Wünsche in die Welt schießen. Verstehen Sie mich recht? Ich kann in meinen Absichten kann ich nicht mehr direkt mit dem Schwert gegen den anderen Menschen kämpfen, sondern ich kann auf Distanz, mit den Cruise Missiles, die es ja heute gibt in der Welt, wo einer irgendwo am Computer sitzt und das Ding steuert und dann tut es irgendwo 3000 km Entfernung zack genau das Ziel treffen. Mit Hilfe des Stickstoffes, des Explosivstoffes, kann ich meine Wünsche in die Welt tragen. Das ist so ein Wunschträger. Meine Absichten, böse Absichten im Wesentlichen, die kann ich damit in die Welt tragen.
Das ist ein Bild dafür, dass der Stickstoff der Träger des Astralen ist. Der Sauerstoff der Träger des Ätherischen, der Wasserstoff mehr der Träger des Physischen. So ist es der Stickstoff der Träger des Astralen, das heißt der Wunschwelt, des Seelischen, des Empfindungsmäßigen. Wenn ich das substanziell umsetze, was rein seelischer Natur ist, dann baue ich mir eine Technologie, durch die ich meine Wünsche in die Welt schicken kann. So können Sie das mal auffassen. Ja, also, man muss mal die Sache breit genug anschauen. Ich bin sicher, dass eines Tages einer kommt und das mal wirklich unter dem Thema beschreibt: Die Macht des Stickstoffes in der Entwicklung des 21. Jahrhunderts.
Publikum: Ist das dann auch deshalb logisch, dass Liebig sagt, man soll nicht mit Stickstoff düngen, weil der Mensch dann zu großen Einfluss nehmen würde auf die Natur mit seinen Wünschen, obwohl er da vom Bewusstsein her gar nicht so richtig rankommt?
Manfred Klett:
Im Grunde ist der konventionelle Landbau ein Wunschlandbau. Gier, höhere Erträge. 80 Doppelzentner reicht schon nicht mehr, es müssen 100 sein oder sogar 120, 130 auf 100er Böden. Kann ich das erzielen? Gibt es... das ist die Grenze, die die genetische Möglichkeit der Pflanze ist heute schon nahezu ausgeschöpft.
Prüfen Sie sich selbst, wohin jeweils Ihre Wünsche reichen. Und wie weit wünscht die Wunschnatur des Menschen, gerade im Bankwesen, mit den Boni, die da ausgeteilt werden, dass man ordentlich die Leute aufs Kreuz legt und wird es nachher noch zusätzlich bezahlt in Form von Boni. Denn jedes Mehr an Geld, was ich verdiene, verliert jemand anderes. Machen Sie sich mal klar, das ist immer eine Balance. Wenn ich Geld schöpfe, dann geht es für andere woanders verloren. Das geht sehr weit, wenn man das mal wirklich nicht nur auf die Natur, sondern auch auf den Menschen bezieht. Dass im Grunde genommen seine eigene Begierdennatur eine Art Ausfluss einer Stickstoffnatur in ihm selbst ist.
Die Auflösung des landwirtschaftlichen Organismus 01:04:07
Manfred Klett:
Na ja, wir können uns da verlieren, aber wir sind eigentlich am Ende dieser historischen Betrachtung angelangt. Und die hat eben dazu geführt – das werde ich nur noch mal andeuten – die hat dazu geführt, dass dieses wunderbare System, was einstmals bestanden hat über 1500 Jahre, dass da in der Mitte so was stand und dass dann hier sich ein gesetzmäßig ein Organismus der Landwirtschaft mit Ackerbau und Viehzucht und Gartenbau und Obstbau entwickelt hat, Waldbau und Gewässerwirtschaft; dass jetzt heute die Situation aufgrund des historischen Ganges dahingekommen ist, dass dieser Mittelpunkt eigentlich nicht mehr existiert. Das muss man einfach mal wirklich radikal so sagen.
Er ist nicht mehr der geistig-moralische Quell, der die Menschen, die hier arbeiten in dieser Dorfgemarkung so improvisiert, so moralisch trägt in ihren täglichen Arbeiten, dass sie liebevoll mit den Tieren umgehen, dass sie pflegerisch mit der Natur umgehen. Das floss ja irgendwann mal hier aus diesem geistig-moralischen Zentrum in früherer Zeit weg. Und infolgedessen ist es dazu gekommen, dass jetzt alles, was hier eine Ganzheit gebildet hat, den in sich geschlossenen Organismus, dass er sich aufgelöst hat.
Dadurch, dass man begonnen hat, jetzt den Gartenbau auszulagern. Fing schon im 19. Jahrhundert an, um die Städte herum haben sich die großen Gartenbaubetriebe entwickelt. Und heute haben wir einen Gartenbau in Monokultur. Ich habe gerade einen Bericht gelesen, dass ein konventioneller Landwirt Tomaten anbaut unter Glas, aber auf Boden, und er hat Maximalerträge, wirkliche Maximalerträge. Und jetzt haben die Holländer da oben in Wittenberg 5 Hektar unter Glas gepackt. Tomaten in Hydrokultur, Gefäße, die mit Kokoswolle gefüllt sind, und da wird jetzt entsprechend den Bedürfnissen der Pflanze wird eine Nährlösung computergesteuert ständig zugeführt. Und auch das Licht, die Beleuchtung der Pflanzen wird computergesteuert und so weiter. Und die bringen 17-fachen Ertrag dieses konventionellen Landwirts unter Glas auf den Boden. Und viel schneller kontinuierlich, kontinuierlich ernten die. Aber was sie ernten, sind Wasserballons. Rote Wasserballons.
Man hat das also ausgelagert, den Gartenbau, und hat jetzt hier in Monokultur Gartenbau betrieben. Und dann hat man eben herausgeholt aus dem Ganzen, das war das Erste, dann der Ackerbau. Monokultur. Mais, Soja, vielleicht noch Weizen, aber das in Riesenflächen. Mittlerer Westen Amerika oder Central Valley in Kalifornien; da muss man mal gewesen sein, um das zu erleben. Zwei, drei Ernten im Jahr in Monokultur, eins nach dem anderen.
Und dann hat man schließlich den Obstbau noch rausgeholt hier. Und ist ebenso heute auf M9-Unterlage Monokultur mit entsprechender auch computergesteuerter Bewässerung und Nährlösungen unter Umständen. Also Obstbau.
Und dann eben auch die Viehhaltung hier und da herausgeholt und das hat dann zur Massentierhaltung geführt. Massentierhaltung. Angefangen mit den Hühnern, das ging schon, die Hybridzüchtung fing schon in den 20er, 30er Jahren an, die erste Hybridzüchtung. Nach dem Zweiten Weltkrieg schlagartig überall die großen Hühnerbatterien entstanden. Dann folgten die großen Schweinemast-Haltereien. Es gibt ja so einen Schweinegürtel da in Nordrhein-Westfalen, das merkt man schon, wenn man durch die Landschaft fährt und ein bisschen das Fenster aufmacht am Auto, dann ist man parfümiert. Das waren die 70er Jahre.
Und dann hat man ganz zuletzt auch noch die Tiere rausgeholt aus den Ställen der Bauern und hat sich jetzt massiert in großen Massentierhaltungen. Und ist es heute mit den Melkrobotern eine Kleinigkeit heute 900 Kühe zu halten. In Amerika ist es gang und gäbe, unter 900 Kühe, 300 Kühe, wenn jemand 300 Kühe hat, was ist das schon? Alles Hybriden bzw. hochgradig HF-Tiere [Holstein-Friesian], enthornt, die alle so dastehen, breitbeinig und hängen den Kopf, Stirn so ein bisschen in der Gegend rum und fressen, fressen, fressen den ganzen Tag. Keine Herde mehr, kein Zusammenhang zwischen lauter einzelnen Tieren nebeneinander. Und damit ist sozusagen dieses ganze Ding hier kaputt. Das ist endgültig kaputt.
Materialismus versus Ganzheitsdenken in der Landwirtschaft 01:10:13
Manfred Klett:
Und was ist der Erfolg dieser ganzen Entwicklung? Möchte ich mal ins Bild bringen. Ja, der Erfolg dieser ganzen Entwicklung oder das Ergebnis, dass wir eigentlich in agnostische Zeiten zurückfallen, in die alte Wasserkultur. Ich weiß nicht, ob Sie das nachvollziehen können. Die Tendenz ist heute zu Hydroponik. Also durch Nährlösungen Massenerträge zu erzeugen, egal wer das essen soll. Sondern es kommt darauf an, dass dieser Stickstoff, den ich hier dünge, meinen Wunsch verwirklicht in der Welt.
Und dadurch entsteht das, worauf Rudolf Steiner im dritten Vortrag, glaube ich, aufmerksam macht: Dass wenn man in diesem Sinne mit Stickstoff arbeitet – sprich dann allgemein von dem Mineralischen – mit Salzen von außen dem Acker zufügt, dass man dann nur das Wässrige anregt, aber nicht das Erdige selber.
Publikum: Aber ist ja kein Acker, das sind ja abgeschlossene kleine Ökosysteme, wo das reingeführt wird.
Manfred Klett:
Aber generell, wenn man Stickstoff auf den Acker schmeißt – angenommen man würde das machen – dann regt man das Wässrige, das Wasser in der Bodenlösung an. Und das fördert das Pflanzenwachstum und entbindet die Pflanze davon, sich selber aus dem Erdig-Festen das zu holen, was sie jeweils in ihrem Wachstumsverlauf an Mineralstoffen braucht.
Also das ist... ich meine, es ist ein agnostischer Rückfall in vorchristliche Zeiten, was heute eigentlich im industrialisierten Landbau sich vollzieht. Agnostisch, also ungeistig. Damals war das noch mysteriengeführt, diese Bewässerungskultur. Da waren natürlich Schwebstoffe im Wasser drin, aber es war eben noch mysteriengeführt. Man hat die Natur noch selber machen lassen und hat es nur optimiert. Und heute wird das Feste, das Luftförmige in das Feste übergeführt – also Stickstoffsynthese – und dann hat man ein Salz, ein leicht lösliches Salz. Nitrat ist sehr leicht löslich. Und das geht sofort in die Lösung und zwingt die Pflanze, es aufzunehmen. Die Pflanze kann sich gegenüber dem Ansturm dieser Nitrationen im Boden nicht wehren. Und es kommt immer, jede Düngung, Mineraldüngung ist immer stoßweise. Es gibt einen Konzentrationsüberhang in der Bodenlösung an Nährstoffen und dadurch wird das Pflanzenwachstum also enorm beeinflusst. Und der große Vorzug der Hydroponik ist der, dass man das genau dosieren kann, computergesteuert, genau das, was die Pflanze jetzt braucht, das hat man so eben gerechnet.
Und jetzt sind wir schon wieder ziemlich weit fortgeschritten mit der Zeit. Möchte ich diese historische Betrachtung abschließen. Wie gesagt, ich halte es für wichtig, dass man sich immer mal versucht zu vergegenwärtigen, wie der ganze Entwicklungsgang war, der die Landwirtschaft begleitet hat durch die Jahrtausende. Wodurch sie ermöglicht hat, dass zunehmend die Nahrung bereitgestellt worden ist für die da lebende Welt. Und heute sind wir an einem Punkt angekommen, wo der Materialismus so unsere ganze Forschung und unseren ganzen Geist beherrscht, dass wir nur noch die materiellen Vorgänge als solche hochwissenschaftlich, hochdetailliert erforschen, aber alles andere außer Betracht lassen. Und das ist das Problem des Materialismus in der Forschung heutzutage.
Und was der Materialismus bewirkt, ist dieses, dass man immer das Detail aufsucht, die Einzelheit, und den Zusammenhang aus dem Blick verliert. Das ist eigentlich der Witz des Materialismus. Und ich hab da eine endlose Reihe von lauter Einzeltatsachen und bring die nicht mehr unter ein Bild. Während dieses Prinzip, was ich jetzt geschildert habe, ist ein Ganzheitsprinzip. Der Organismus ist eine Ganzheit. Und diese Ganzheit hat man zerpflückt in lauter Einzelteile durch den Materialismus und sieht jetzt nur noch die Einzelteile und optimiert die jeweils bis zum "Es geht nicht mehr". Und letzten Endes kann man die Ganzheit gar nicht mehr denken. Also der Materialismus in der Wissenschaft ist außerstande, eine Ganzheit zu denken.
Und der ökologische Landbau versucht es ja, auch die Ökologie als Wissenschaft, die ist ja auch sehr jung. Also der Begründer des Begriffes Ökologie stammt von Ernst Haeckel, dem großen Naturforscher an der Wende des 19. und 20. Jahrhunderts, und der hat diesen Begriff gebildet schon in den 70er und 80er Jahren des 19. Jahrhunderts. Und dann gab es durch das ganze Jahrhundert gab es Ökologen, ganz bedeutende Leute, die haben schon das alles kommen sehen, was passiert, wenn man nur mit dem materialistisch fixierten Blick in die Natur schaut.
Zum Beispiel einer von denen ist... jetzt entfällt mir wieder der Name. Es war ein großer Limnologe, Schleswig-Holstein hat er gelehrt an der Uni, kommt mir vielleicht noch. Der hat die Bemerkung gemacht, dass wenn ich sämtliche Einzelorganismen in einem Teich studiere – und das ist eine ungeheure Vielfalt, also einzeln, nicht nur was da an Fischen rumschwimmt oder an Libellen drüberfliegt oder Wasserwanzen, sondern die ganzen Produktionen und Bakterien, die da im Wasser rumschwimmen – wenn ich das alles anschaue, dann muss ich notwendigerweise zu dem Begriff des Organismus kommen. Das sind alles nur Zellen, alles nur Glieder eines großen Zusammenhangs. Der hat aufgrund seiner Forschung den Begriff des Organismus neu geprägt in der Limnologie oder der Seenkunde und hat sogar gesagt: Wenn man das noch weiter verfolgt, dann kommen wir sogar zu dem Begriff der Individualität. Vom Organismus zur Individualität. Das heißt, dass jeder Teich, jeder ist ein Ökosystem quasi en miniature, das individuelle Züge trägt.
Die Herausforderung, Ganzheiten zu denken 01:20:34
Manfred Klett:
Also es ist so schwierig, aus der Einzeltatsache die Ganzheit zu erkennen. Als die Einzeltatsache als Glied, als Organ einer übergeordneten Ganzheit. Und der biologisch-dynamische Landbau fußt gerade darauf, dass er lernt Ganzheiten zu denken. Ich sage: zu denken. Und da müssen wir den Materialismus überwinden. Wir können gar nicht eigentlich sachgemäß biologisch-dynamisch wirtschaften, wenn wir in dem Denken verharren, was heute gängig ist. Sondern wir müssen uns darauf in Schulen förmlich unsere ganze Art der Naturbetrachtung, insofern als sie eine denkende, eine fühlende ist – wir korrespondieren ja mit der Außenwelt denkend und fühlend – und dass das dann in unseren Willen einfließt und uns zu neuen Handlungen veranlasst. Es ist aber der Ausgangspunkt. Wir stehen in einer wissenschaftlich tangierten Welt und insofern ist die Voraussetzung, dass wir unser Denken erst mal schulen. Und dass die Denkschulung heißt, dass wir die Ganzheiten in der Welt in der Anschauung uns vergegenwärtigen und die versuchen jetzt anschauend zu denken. Und diese Art des Denkens hat Goethe genannt: die anschauende Urteilskraft.
So auf die Pflanze zu schauen, dass ich die Pflanze als Ganzheit sehe, die mit der Wurzel beginnt und den Keimblättern und dann den Spross mit den Blättern in rhythmischer Folge bis hin zur Blüte in ständiger Metamorphose und dann die Samenbildung eintritt, dass ich das als eine Ganzheit innerlich in der Anschauung habe. Dann habe ich nicht mehr Einzelbegriffe, sondern habe ich einen Begriff der Ganzheit. Also das ist eigentlich die Forderung, vor der wir stehen, wenn wir auch mit der Düngung weiterkommen wollen. Wir müssen die Düngung immer im Zusammenhang mit anderem sehen. Und jede Düngung ist nichts anderes, als dass ich Beziehungsverhältnisse in einem organischen Ganzen fördere. Beziehungsverhältnisse zwischen Pflanzen und Boden usw.
Publikum: Gibt es schon einen Begriff für diese Ganzheit?
Manfred Klett:
Den Begriff der Ganzheit gibt es heute in der Wissenschaft nicht. Sondern den kann jeder Einzelne nur erkennen, für sich erarbeiten. Den kann man auch nicht definieren. Wenn man ihn definieren könnte, dann könnte ich ihm ja ein Buch niederschreiben, ein Kapitel über die Ganzheit kann ich natürlich schreiben, aber letzten Endes denkt dann doch jeder, der materialistisch gesonnen ist: Ich muss es aus Teilen zusammensetzen.
Aber stellen Sie sich mal vor, jetzt müssen Sie sich selber mal als Ganzheit denken. Da merken Sie ganz deutlich, dass wenn Sie irgendwo in einem Detail anfangen, dann kommen Sie zu nichts. Es sei denn, Sie erleben sich selbst als Ganzheit. Das Herz ist für sich bedeutungslos, die Leber für sich ist bedeutungslos und so die Niere und so alle Organe. Und ganz und gar das Gehirn, das Nerven-Sinnes-System, das ist ja absolut bedeutungslos. Sondern die Bedeutung gewinnt als erstes das eine durch das andere. Immer das eine durch das andere. Dann entstehen Funktionszusammenhänge, Beziehungen. Die Niere hat die Aufgabe, das Blut zu reinigen, das vom Herzen da das Blut ihr zuströmt. Und so hat jedes Organ eine Funktion, die es nur erfüllen kann, weil alle anderen Organe auch da sind.
Und wenn man diesen Beziehungszusammenhang anfänglich anschauen lernt, der ist nicht nur begrifflich fixiert – wie ist die Leber aufgebaut, wie ist die Niere aufgebaut oder wie ist das Herz aufgebaut, das ist ja auch interessant, also ein Chirurg muss das wissen – aber um das Funktionelle zu verstehen, dazu muss ich den Beziehungszusammenhang aufsuchen. Und dieses Geheimnis ist die Ökologie als Wissenschaft, eigentlich hat sich dem angenähert zumindest. Denn was die Ökologie heute macht, ist ja im Wesentlichen die Verhaltensforschung. Also wie verhält sich nicht nur die Kuh im Stall, sondern wie verhält sich der Käfer im Boden, in welcher Beziehung steht er zu anderen Organismen. Beziehungsverhältnisse, auch die Bakterien, wenn die da die Lebendverbauung machen, das sind alles Beziehungsverhältnisse, die da entstehen. Und wenn ich die studiere, dann merke ich, dass ich in eine weisheitsvolle Welt eindringe. Eine Welt, wo alles stimmt, das in sich stimmig ist, das funktionsfähig ist. Aber diese Funktionsfähigkeit kann ich nicht durch Sinneswahrnehmung ausschließlich ablesen, sondern die muss ich denken. Ich muss das, was ich durch die Sinne wahrnehme, das ist nur eine Veranlassung, dass ich jetzt das ins Rechte denke, dass mein Denken das Instrument ist, Beziehungszusammenhänge in der Welt zu konstatieren.
Publikum: Ich stelle mir oft die Frage, ob man auch die Welt, wie sie heute ist, wenn man sie im Ganzen denkt, ob es auch eine weise Welt ist, oder würde man ... ja genau.
Manfred Klett:
Wenn man den Schicksalsrichter rechtlich denken könnte, dann könnte man auch die Welt als Ganzheit denken. Aber dadurch, dass es nicht nur die Welt ist, nicht nur das Gute in der Welt gibt, sondern etwas, was man heute verdrängt, auf uferlos verdrängt: Das ist die Kraft des Bösen. Das steht in keiner Zeitung, nirgends. Es steht nur Verbrechen, Verbrechen werden aufgeschüttet. Aber dass da Kräfte wirksam sind... So wie der Mensch Gutes tun kann und dann auch ein Bewusstsein dafür entwickelt, scheut er sich, ein Bewusstsein zu entwickeln für das, was böse Handlungen sind.
Und das kann er auch heute nicht mehr mehr nur fühlen. Selbstverständlich, ich fühle, dass das jetzt eine Untat ist. Gut, dann konstatiere ich, lese es in der Zeitung, finde es fürchterlich. Oder aber ich habe gemerkt, da hat jemand wirklich aus Liebe gehandelt, liebevoll sich einer Sache zugewandt, dann merke ich, das korrespondiert irgendwo mit mir. Und das andere mache ich so. Und jetzt muss ich mit meinem Denken allmählich so dahin kommen, dass ich diese beiden Weltqualitäten – auch das Böse ist eine Qualität – unterscheiden lerne. Überhaupt erkennen lerne in ihrer objektiven Substanzialität.
Und dann kann der Mensch nicht entscheiden: Tue ich das so oder so? Das ist in seine Freiheit gestellt. Die Pflanze kann nicht frei handeln, auch das Tier nicht, aber der Mensch kann frei handeln. Weil wenn er lernt zwischen Gut und Böse zu unterscheiden und sich aus dem Erkennen dieses Zusammenhangs sich selber bestimmt in Freiheit.
Also wir kommen da ins Uferlose, aber Sie sehen: Die Landwirtschaft, wenn man sich mit ihr beschäftigt, die verlangt förmlich danach, die ruft danach, dass wir ein neues Denken entwickeln. Die Welt neu denken lernen, die Welt neu empfinden lernen, dass wir uns quasi zu Künstlern hin empfinden, zu Künstlern hin denken. Nicht mehr nur Wissenschaftler oder Wissenschaftlerinnen, glauben die letzte Ratio entdeckt zu haben und uns damit zufriedengeben. Sondern dass wir uns aus dieser Sphäre des Rationalen erheben, das heißt letzten Endes des Materialistischen, in ein Weltbild, was wir uns selber zimmern.
Bitte, verstehen Sie mich recht, wenn ich von Anthroposophie spreche, dann weiß ich nicht, dass da von irgendwo kommt mir der Geist vom Himmel entgegen. Nichts, gar nichts. Ich muss ihn weiß Gott selber in mir erwecken. Ich muss selber denkend, fühlend wollen, bewusst werden in mir selbst. Und dann kann ich plötzlich merken: Mein Gott, es kommt ausschließlich auf mich selbst an. Und so geht der Mensch und daraus entsteht erst das Neue. Es geht durch das Nadelöhr des Individuellen hindurch. Durch das Nadelöhr des Individuellen die ganze zukünftige Entwicklung hindurch.
Ausblick: Die Stufen der Düngung 01:27:51
Manfred Klett:
Nun ist die Zeit schon leider wieder um. Ich habe noch nicht mal mit dem Neuen angefangen und ich möchte es nur jetzt mal noch in einer Sekunde andeuten, dass wir jetzt von der Frage ausgehen: Woran kann ich beobachten – also wirklich mir mithilfe meiner Sinne beobachten – dass der Stickstoff im höchsten Grade als Dünger nicht zuträglich ist für die Pflanzen? Woran kann ich das beobachten? Das muss der Einstieg sein in unsere ganze weitere Fragestellung.
Wenn wir zur Kompostierung mit der Düngung aus dem Pflanzenreich, mit der Düngung aus dem Tierreich und schließlich mit der Düngung aus dem Menschenreich... Das ist die Stufung, die ich dann anpeile für die folgenden Stunden. Die Stufen der Düngung. Es gibt ganz verschiedene Düngungsebenen. Und die unterste Ebene ist eben, wenn wir uns mit dem Mineralischen mal auseinandersetzen. Und da insbesondere jetzt mit einem, was noch unter dem Mineralischen drunter ist, ist natürlich eine ganze Stickstofffrage, die noch mal aufsuchen in der landwirtschaftlichen Praxis. Dann gehen wir weiter diese Stufen aufwärts in diesen nächsten Tagen. Also das ist die Ausgangsproblematik: Können wir beobachten, was der Stickstoff zunächst mal bewirkt? Rein visuell. Dann gehen wir weiter. Einen schönen Tag.
Glossar
A B C D E F G H I J K L M N O P Q R S T U V W X Y Z | 0-9 | Gesamtglossar A
A
A B C D E F G H I J K L M N O P Q R S T U V W X Y Z | 0-9 | Gesamtglossar B
B
A B C D E F G H I J K L M N O P Q R S T U V W X Y Z | 0-9 | Gesamtglossar C
C
A B C D E F G H I J K L M N O P Q R S T U V W X Y Z | 0-9 | Gesamtglossar D
D
A B C D E F G H I J K L M N O P Q R S T U V W X Y Z | 0-9 | Gesamtglossar E
E
A B C D E F G H I J K L M N O P Q R S T U V W X Y Z | 0-9 | Gesamtglossar F
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